Digital People Folge 11: Dr. Alexander Haas

In der elften Folge beantwortet Dr. Alexander Haas, der Leiter des Digital Office, unsere Fragen. Das Digital Office ist die zentrale Einheit, die das KIT bei der Digitalisierung begleitet und die Leitungsebene in ihrer Verantwortung diesbezüglich berät und unterstützt. 

1. Die Hochschulorganisation befindet sich in einem digitalen Wandel. Wie sehen die Chancen und Herausforderungen dieses Wandels an Hochschulen aus und welche Themen der Digitalisierung sind für das KIT besonders wichtig?

Mit dem Thema des digitalen Wandels beschäftigt sich das KIT natürlich schon sehr lange, aber die Herangehensweise war sicher punktueller und nicht so umfassend und strategisch, wie wir es heute tun. Inzwischen haben sehr viele Universitäten und Forschungseinrichtungen dezidierte Verantwortlichkeiten für die Digitalisierung auf der obersten Leitungsebene und auch entsprechende Stellen wie bspw. das Digital Office eingerichtet, um diese Aufgabe zu unterstützen. Es gibt mehr und mehr stark vernetzte Prozesse mit vielen beteiligten Stellen in Wissenschaft und Administration, die digital gestützt ablaufen. Ziel ist, die Digitalisierung zu nutzen, um die Qualität und das Leistungsvermögen des KIT in allen seinen Kernaufgaben in Forschung, Lehre und Innovation zu verbessern. Das tun wir nicht isoliert, sondern die ganze Gesellschaft durchläuft diesen Wandel. Entscheidend ist anzuerkennen, dass die Digitalisierung zwar sicher unumgänglich ist, wir dabei aber die Menschen, ihre Arbeit und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Denn nur so kann dieser Wandel gelingen und nachhaltig sein.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT sind mit ihren Forschungsarbeiten an vielen Stellen Treiber der mit Digitalisierung verbundenen wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen. Wir sind am KIT also nicht nur Nutzer digitaler Services, sondern beeinflussen den digitalen Wandel durch unsere Wissenschaft über die Grenzen der eigenen Organisation hinaus und tragen zu neuen digitalen Lösungen bei.

Alexander Haas, digital People
Dr. Alexander Haas

2. Was sind dabei die Aufgaben des Digital Office?

Das Digital Office (DO) in bestehender Form gibt es erst seit zwei Jahren, auch wenn die bei uns verorteten Aufgaben schon früher auf die eine oder andere Weise wahrgenommen wurden. Ein Beispiel hierfür war sicher die Begleitung des Projekts USeCampus zur Einführung einer neuen Campusmanagement-Software. Das DO unterstützt den digitalen Wandel am KIT insbesondere darin, dass wir den Bedarf und die Bedürfnisse der Angehörigen des KIT einerseits und die seiner Leitung andererseits bei der Digitalisierung in Forschung, Lehre und Innovation zusammenbringen. Wir koordinieren den zugehörigen Diskussionsprozess in unseren Gremien der Informationsversorgung und -verarbeitung, kurz IV, mit dem Ziel, konkrete Entscheidungen und Maßnahmen vorzubereiten, um den digitalen Wandel am KIT zu fördern und zielgerichtet und entlang der Dachstrategie für Verbesserungen zu nutzen. Dazu braucht das DO einen Gesamtblick aufs KIT und es gilt viele Themen und Akteure zu berücksichtigen. Ich sehe unsere Rolle im DO auch als zentrales Bindeglied zwischen den verschiedenen Service-Providern des KIT und den Nutzern. Im Austausch mit allen involvierten Stellen ergeben sich daraus auch Impulse für neue IV-Themen. So versuchen wir z.B. aktuell mit den beteiligten Einheiten Lösungen zu finden, ganz wichtig, wie Studierende Prüfungen sicher und digital gestützt ablegen können oder wie wir bspw. Telefonie und Kooperationstools wie Microsoft Teams besser integrieren können, um das vernetzte Arbeiten noch durchgängiger zu gestalten.

3. Durch die Corona-Pandemie wurde die Nutzung digitaler Medien in Studium und Lehre in den vergangenen Monaten ausgebaut. Worin sehen Sie am KIT aktuell den größten Entwicklungsbedarf? Welche Bereiche müssen noch weiter ausgebaut werden?

Das ist ein komplexes Thema, denn es geht ja nicht nur um die technische Seite, wie wir unter Pandemiebedingungen den Studienbetrieb am KIT aufrechterhalten konnten, sondern auch generell um die Weiterentwicklung der Lehre. Die Pandemie allein ist für alle Beteiligten schon eine große Herausforderung, die wir, wie ich finde, gemeinsam sehr gut meistern. Hilfreich hierbei ist, dass das KIT im Vergleich zu vielen anderen Unis und Forschungseinrichtungen in der Digitalisierung bereits gute Vorarbeit geleistet hat, auf die wir aufbauen können. Im Studium geht es ja auch um viel mehr als reine Wissensvermittlung. Die Universität ist in hohem Maße ein sozialer Ort, an dem sich Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Zielsetzungen begegnen. All das wollen wir weiter ermöglichen und auch in digitaler Weise unterstützen. Das geht in weiten Teilen sehr gut, aber wir können eben nicht vollständig auf unsere analoge Welt verzichten, ohne uns stark zu limitieren. Da gibt es natürlich auch die unterschiedlichen Perspektiven der Lernenden und der Lehrenden, die es zu berücksichtigen gilt. Was für die eine Seite ein echter Vorteil ist, muss für die andere Seite nicht zwangsläufig die beste Lösung sein. Hier ist es meine Aufgabe, bei den Menschen zu sein, die es betrifft und die daher unbedingt eng eingebunden werden müssen, um das beste Ergebnis zu erzielen.

Die aktuellen Entwicklungen zeigen uns aber auch, dass die Digitalisierung der Lehre eben nicht nur die Anpassung des technischen Rahmens meint. Die Lehre insgesamt entwickelt sich weiter und die Digitalisierung kann deren Qualität verbessern, da sie neue Möglichkeiten schafft, die wir vorher noch gar nicht ins Kalkül gezogen hatten. Die aktuelle Corona-Krise ist in dem Sinne ein Katalysator, der bestimmte Entwicklungen klar beschleunigt bzw. mit höherer Priorität versieht.

4. Der Begriff „Open“ in Verbindung mit „Science, Educational Resources“ oder „Access“ impliziert eine Reihe unterschiedlicher Konzepte und Ziele, die zu einer Öffnung von Wissenschaft führen sollen. Durch welche Maßnahmen kann Wissenschaft am KIT geöffnet, bzw. besser zugänglich gemacht werden?

Der Begriff „Open“ meint ja hier viel mehr als reine digitale Zugänglichkeit, sondern beschreibt neue Wege, wie Wissenschaft „gelebt“ wird. Also bspw. wie wissenschaftliche Ergebnisse und die daraus resultierenden Erkenntnisse gewonnen, veröffentlicht, diskutiert, archiviert und genutzt werden oder wie bestimmte Lehrinhalte frei zugänglich gemacht werden – alles mit dem Ziel, Wissenschaft und Gesellschaft gleichermaßen voranzubringen. Hier muss das KIT einerseits einen Rahmen schaffen, der auf der Höhe der Zeit ist, und andererseits die Menschen in die Lage versetzen, diesen Rahmen auch kompetent zu füllen. Das bedeutet, dass wir in geeigneter Form in alle universitären Curricula bspw. die wesentlichen Aspekte von Data Science oder auch Research Data Management einbringen müssen. Bei dem „Wie“, was also Austauschplattformen und Standards angeht, wird es jedoch schnell politisch und es braucht viel Abstimmung und Kommunikation. Hier gibt es viele Aktivitäten auf höchster politischer Ebene und ein aktuelles Beispiel mit guten Verweisen wurde gerade im Hightech-Forum erarbeitet.

Die Frage der Öffnung also nicht in erster Linie ein Digitalisierungsthema, sondern wie man zusammenarbeitet und miteinander Standards definiert, von denen alle profitieren können. Am KIT fällt mir dazu das Beispiel Research Data Management aus unserem Antrag zur Exzellenzstrategie ein. Dort fördert das KIT mehrere Entwicklungsansätze und Pilotanwendungen, welche die Nachvollziehbarkeit von Forschungsergebnissen erhöhen. Eine Vielzahl von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des KIT wirkt überdies aktiv über die Beteiligung und Federführung bei verantwortlichen Konsortien am Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur, kurz NFDI genannt, mit. Über die NFDI werden Forschungsdaten nach dem FAIR-Prinzip verfügbar gemacht– also „findable“ (auffindbar), „accessible“ (zugänglich), „interoperabel“ und „re-usable“ (wiederverwendbar).

5. Zum Schluss noch eine „persönliche“ Frage – zur Digitalisierung Ihres Alltags: Welche Webanwendungen finden Sie bereichernd, wenn Sie im Netz – beruflich oder privat – unterwegs sind?

Ich bin schon in einem Alter, in dem man nicht als „Digital Native“ oder quasi mit Smartphone geboren wurde, aber die umfassende Verfügbarkeit von Information und die vielfältigen Möglichkeiten, Informationen zu teilen und mit anderen Menschen sehr niederschwellig in Austausch treten zu können, empfinde ich als enormen Fortschritt und Bereicherung für mein persönliches Leben. Es hat aber wie alle umwälzenden Entwicklungen viele Facetten, die eine Gesellschaft sehr bewusst und aktiv diskutieren muss; das finde ich sehr wichtig.

(NL01/2021)