Einer Einladung des KIT Fernstudienzentrums folgten am Mittwoch 2. Juli, 25 Schüler/-innen aus Sofia. Die Schülergruppe aus Bulgarien war im Rahmen eines Schüleraustauschs für eine Woche in Pforzheim und lernte die Region kennen. Für den Besuch in Karlsruhe stand das KIT auf dem Programm und der Aufenthalt ganz im Zeichen der Wasserkraft. Am Theodor-Rehbock-Wasserbaulaboratorium des Instituts für Wasser- und Gewässerentwicklung (IWG) konstruierten die im Schnitt 15 Jahre alten Schüler/-innen der 9. Klasse in Kleingruppen ihre eigenen Wasserräder.
Pünktlich um 8.50 Uhr stehen 25 interessierte Schüler/-innen aus dem renommierten Galabov-Gymnasium in Sofia vor den Toren des Rektoratsgebäudes am Campus Süd. Sie sind für eine Woche bei einem Schüleraustausch in Pforzheim und haben bereits andere Städte in der Region kennengelernt. Viele ehemalige Abiturient/-innen des Sofioter Gymnasiums studieren in deutschen Städten, vor allem im Südwesten, Mannheim, Heidelberg, Freiburg und am KIT – zumindest ist den Schüler/-innen wie auch der bulgarischen Lehrerin das KIT gut bekannt. Die Möglichkeiten der Ausbildung sind im ärmsten Land der EU begrenzt, da sehen viele die einzige Möglichkeit im Ausland zu studieren, auch wenn es vielen schwer fällt, ihre Familien zurück zu lassen.
Aber was macht eigentlich das Galabov-Gymnasium so besonders? Das Gymnasium mit deutscher Abteilung in Sofia hat eine naturwissenschaftliche Ausrichtung. Die Schüler/-innen sind hoch motiviert - das Galabov-Gymnasium gilt als bestes Gymnasien ganz Bulgariens. Es ist ein staatliches Oberstufengymnasium (Klassenstufen 8-12), sodass kein Schulgeld zu entrichten ist, allerdings gibt es vor der 8. Klasse eine strenge Aufnahmeprüfung und es werden nur die 200 besten Bewerber/-innen genommen. Diejenigen, die es schaffen lernen dann mit über 20 Wochenstunden Deutsch - in der Regel von null auf hundert und haben im Laufe des Schuljahrs lediglich noch Sport und Mathematik als weitere Fächer. Am Ende des Jahres werden wiederum aus diesen 200 Schüler/-innen die 50 besten ausgewählt, die dann bis zum Abitur in den so genannten Leistungsklassen der deutschen Abteilung des Galabov-Gymnasiums lernen. Eine solche Klasse ist auch die 9d, die das KIT besucht. Ab der 9. Klasse findet bis auf Sport, Kunst und Musik der Unterricht in deutscher Sprache statt.
Alle sammeln sich zunächst im Seminarraum, wo Michael Gauß und Denise Ottweiler-Rothdiener vom Fernstudienzentrum die Schüler/-innen willkommen heißen und Ihnen zunächst einige Daten und Fakten zu Karlsruhe, dem KIT und dem Thema Orientierung bei der Studienwahl vermitteln. Schnell wird klar, dass die Schüler/-innen sehr gut deutsch sprechen und verstehen. Und bereits in der 9. Klasse teilweise sehr konkrete Vorstellungen von ihren Berufszielen haben.
Nach einer Einführung in das Thema erneuerbare Energien und Zukunftsperspektiven, führt Michael Gauß das Thema Wasserkraft ein und vergleicht auch die Gegebenheiten in Bulgarien und in Deutschland. Warum das theoretische Potenzial für Wasserkraft dann praktisch nicht immer ausgeschöpft werden kann, dafür fallen den Schüler/-innen auf Anhieb viele Gründe ein: der Eingriff in die Natur und das Ökosystem sowie die technischen und ökonomischen Voraussetzungen, die ein Land benötigt beispielsweise.
Zur Vorbereitung auf den Workshop, wo die Jugendlichen in Kleingruppen à 5 Personen Wasserräder bauen und deren Wirkungsgrad berechnen sollen, werden nochmal die Begriffe und Formeln zur Arbeit, potenzieller Energie und Leistung erklärt.
Nach einem Spaziergang über den Campus geht es zum Theodor-Rehbock-Wasserbaulaboratorium des Instituts für Wasser- und Gewässerentwicklung (IWG) , wo die Wasserräder-Rohlinge schon bereit stehen. Doch zunächst gibt es noch eine kurze Führung von Dr. Frank Seidel, dem Leiter des Wasserbaulaboratoriums. Er stellt den Schüler/-innen anhand von zwei aktuellen Projekten sehr anschaulich dar, welche Aspekte die Arbeit der Ingenieure umfasst.
Danach machen sich die Jugendlichen an die Arbeit, konstruieren ihr Wasserrad, biegen und hämmern die Schaufeln für das oberschlächtige Wasserrad und führen am Ende eine Testmessung durch. Wie richtige Ingenieure arbeiten sie im Team, müssen sich untereinander abstimmen, Vieles erst einmal testen und später modifizieren. Während sie im Hof werkeln, kommen drei Studierende aus Bulgarien über den Hof gelaufen, die aufgrund der Sprache aufmerksam geworden waren. Sie wollen hallo sagen. Einer der Studierenden hat früher ebenfalls das Galabov-Gymnasium besucht. Sie freuen sich über den Besuch des Nachwuchses am KIT. Alle fünf Gruppen meistern die Aufgabe und haben nach etwa drei Stunden ein fertiges Wasserrad und dessen Wirkungsgrad bestimmt.
Heike Lautenbacher, die die Klasse als Deutsch-Lehrerin begleitet fasst am Ende des Tages zusammen: „Es war für die Schüler heute eine super Gelegenheit in einem authentischen Labor unter echten Arbeitsbedingungen hier an der renommierten Universität in Karlsruhe tätig sein zu können. Traditionsgemäß kommen sehr viele Bulgaren an das KIT zum Studieren und da ist es ganz besonders toll, wenn man auch schon als kleiner Neuntklässler zum ersten Mal Universitäts-und Laborluft schnuppern kann.“ Die Vermittlung des Grundsatzes „Ingenieurarbeit ist Teamarbeit“ findet sie besonders wertvoll: „Ich bin begeistert, wie engagiert sich die Mitarbeiter hier auch mit meinen Schülern beschäftigt haben und ich finde es auch einfach toll, wie viel wert hier auf die Teamarbeit an sich gelegt wird.“
Am Ende sind die Schüler/-innen geschafft, aber stolz auf ihre Endprodukte. Sie freuen sich über jedes laufende Wasserrad. Vielleicht kommen einige als Studierende zurück ans KIT. „In der aktuellen Abiturklasse in Sofia gibt es auf jeden Fall einige, die jetzt ihr Studium hier aufnehmen“, weiß die bulgarische Lehrerin Penka Avramova zu berichten.